Das große Welttheater

Das große Welttheater (El gran teatro del mundo) ist ein Mysterienspiel von Pedro Calderón de la Barca. Es wurde erstmals 1655 publiziert und entstand wahrscheinlich in den 1630er Jahren. Es ist das berühmteste Auto sacramental von Calderón.

Inhalt

Thema des Stückes ist das menschliche Leben, das als ein Theaterstück dargestellt wird. Zu Beginn tritt der Schöpfer (bei Eichendorff der Meister) auf, der gleichsam als Autor des kommenden Theaterstückes die verschiedenen Rollen verteilt. Die Welt (El Mundo) beauftragt er, das Stück ins Werk zu setzen. Jede Rolle repräsentiert einen bestimmten Aspekt des Lebens: der König, die Weisheit, die Schönheit, der Reiche, der Bauer, der Arme, ein ungetauftes verstorbenes Kind (als Verkörperung der Erbsünde). Die Akteure erhalten, was sie für das Spiel ihrer Rolle brauchen, sie sollen sie gut spielen können nach der Devise: „Handle gut, denn Gott ist Gott“. Unterstützt und gemahnt werden sie durch das Gesetz der Gnade (La Ley de Gracia), das ihnen die Devise immer wieder vor Augen hält. Bühne wird dabei die Welt, die ein Tor für den Auftritt (la cuna, die Wiege) und ein Tor für den Abgang (el sepulcro, das Grab) hat.

Nun realisiert jeder „Schauspieler“ seine Rolle in der Welt und jeder reagiert so, wie es seine sozialen und moralischen Lebensumstände bedingen. So tritt im Laufe des Stückes der Arme auf, der die anderen um Almosen bittet; doch der Reiche verwehrt sie ihm. Am Ende des Stückes müssen die Akteure das, was sie für die Ausführung ihrer Rolle bekommen haben, wieder abgeben – nackt, wie sie auf die Bühne gekommen sind, müssen sie wieder abtreten.

Das große Welttheater in Einsiedeln

Aufführung 1935 in Einsiedeln

Das große Welttheater des Pedro Calderón de la Barca wurde von 1924 bis 1992 in unregelmäßigen Abständen im Zentralschweizer Wallfahrtsort Einsiedeln von der Welttheater-Gesellschaft als Freilichtspiel auf dem dortigen Klosterplatz aufgeführt. Die Initiative zur Einrichtung des Spiels ging 1924 zurück auf Abt Ignatius Staub vom Kloster Einsiedeln, den Theaterhistoriker Pater Raphael Häne, den Rheinländer Schauspieler Peter Erkelenz und Linus Birchler, Professor für Kunstgeschichte und Barockforscher aus Einsiedeln.

Für die Spielperiode im Jahre 2000 führte die Welttheater-Gesellschaft Einsiedeln das Stück Einsiedler Welttheater nach Calderón de la Barca in einer neuen Bearbeitung des Stoffes von Schriftsteller Thomas Hürlimann auf. Für die Aufführungen im Jahr 2007 hatte Hürlimann das Stück noch einmal umgeschrieben. Der Inhalt blieb ähnlich; was sich änderte, waren einige Figuren. Der entscheidende Einschnitt war, dass in Hürlimanns zweiter Version „el autor“ – der für Gott selber steht – fehlte. Im Spiel ging es somit um eine von Anfang an gottlose Welt, die ihrem Ende entgegengeht. Volker Hesse führte 2000 wie 2007 Regie.

In der bisher letzten Spielperiode vom 21. Juni bis 7. September 2013 fanden 40 Aufführungen statt. Schriftsteller Tim Krohn hat sich des Stücks angenommen, inszeniert wurde es von Regisseur Beat Fäh.

Am 14. Juni 2017 gab die Welttheatergesellschaft bekannt, dass die nächste Aufführung im Jahr 2020 erfolgen werde. Die künstlerische Leitung wurde dabei Lukas Bärfuss als Autor und Livio Andreina als Regisseur anvertraut.[1] Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurde die Aufführung zunächst um ein Jahr verschoben, schließlich neu auf das Jahr 2024 terminiert. Die künstlerische Leitung bekundete ihre Bereitschaft, auch dann wieder mitzuwirken.[2]

2024 feiert das Welttheater Einsiedeln sein 100-jähriges Jubiläum. Bereits zum 17. Mal finden vom 11. Juni bis 7. September vor der grandiosen Fassade der Klosterkirche insgesamt mindestens 35 Aufführungen statt. Jene vom Donnerstag, 15. August ist die eigentliche Jubiläumsaufführung. Die Vorlage stammt vom spanischen Barockdichter Pedro Calderón de la Barca, der das geistliche Schauspiel über Leben und Sterben 1655 auf die Bühne brachte. Seit dem Jahr 2000 werden die Freilichtaufführungen in Einsiedeln in zeitgenössischen Nachdichtungen gezeigt. Für das 100-jährige Jubiläum hat die Welttheatergesellschaft mit Präsident Hanspeter James Kälin den Georg-Büchner-Preisträger Lukas Bärfuss als Autor sowie Regisseur Livio Andreina mit der Realisierung beauftragt. Das neue Stück nimmt zwar Bezug auf Calderón und seine Figuren, verändert aber «El gran teatro del mundo» in einem Punkt entscheidend: Es stellt einen einzigen Menschen ins Zentrum, eine junge Frau, die älter und reifer wird, eine Frau, die ihren Weg und das Glück sucht, dabei viel riskiert und viel verliert. Eine junge Frau, die sich schuldig gemacht hat und nach Erlösung sucht. Sie wandert durch die Jahrhunderte und nimmt verschiedene Rollen an. Die Arbeit erschöpft sie, die Politik macht sie korrupt, sie flüchtet vergeblich in die Religion, verliert sich im Exzess und in der Ekstase. Dabei verwandelt sich die junge Frau, wird älter und steht plötzlich als Greisin da. Ein ganzes Leben vollzieht sich, die Weltgeschichte entsteht in Bildern. Und immer bleibt die Frage, die sich die Menschen in allen Zeiten gestellt haben: Was ist das gute, das richtige Leben? Wo findet sich das Glück? Und wenn das Spiel zu Ende ist, der Abend sich senkt, findet sie darauf keine letzte Antwort, aber doch eine Erkenntnis… Über 500 Frauen, Männer und Kinder aus dem Klosterdorf engagieren sich unentgeltlich für diese Großproduktion. Es ist das Gemeinschaftswerk eines ganzen Dorfes, in das die Mitwirkenden während fast eines Jahres den größten Teil ihrer Freizeit investieren. Eine großartige Teamleistung!

Ein Blick in die umfangreiche Website des Einsiedler Welttheaters [1] zeigt viel Wissenswertes auf - u.a. lesenswerte Presseartikel und einmalige Online-, Radio- und TV-Berichte.

Das 100-Jahr–Jubiläum wurde zudem durch ein theaterpädagogisches Projekt bereichert. Gegen 1800 Schülerinnen und Schüler aus Primarschulen, Sekundarschulen und Gymnasium des Bezirks Einsiedeln produzierten nach verschiedenen von Regisseur Livio Andreina durchgeführten Workshops am 25. Mai auf dem Klosterplatz und in ganz Einsiedeln ein einmaliges Theaterspektakel, die Prozession «S’ Wälttheater chunnt».

Freilicht-Aufführungen in Deutschland

In Bad Godesberg war der erste Versuch einer groß angelegten Inszenierung von Peter Erkelenz in einem eigens errichteten expressionistischen Freilichttheater 1926 erfolgreich, scheiterte aber im Folgejahr an dem schlechten Wetter des Sommers 1927. Die Gesellschaft für Festspiele ging dadurch in Konkurs. Diese Inszenierung und die Bearbeitung des Textes durch Karl Schorn wurden jedoch Vorbild für Freilichtaufführungen in Saarwellingen in den Jahren 1949, 1950 und 1956. Bereits im Jahr 1947 hatte die Katholische Jugend von Diefflen das Spiel auf dem Gipfel des Litermontes aufgeführt.[3] Weitere Male inszenierte Hermann Wedekind 1950 und 1995 das Mysterienspiel für die Festspiele Balver Höhle. 1952 fand die Aufführung unter der Regie von Heinrich Koch auf einer Freilichtbühne vor dem Schloss Charlottenburg statt[4] und 1953 wurde das Stück von der Emsländischen Freilichtbühne Meppen aufgeführt.

2017 inszenierte Annette Storr von den Bühnen Dautenheims das Stück für die dortige Freilichtbühne, verbunden mit dem Versuch einer Wiederbelebung der historischen Aufführungspraxis. Im Sommer 2018 tourte das Ensemble mit der auf historischen, von Pferden gezogenen Erntewagen basierenden Bühne durch Rheinhessen.

Die Freilichtaufführung 2019 in Blankenau im Propteischlossgarten

Im Jahre 2019 tourte das Ensemble der Wandertheatertruppe buehnendautenheims erneut mit der auf historischen Heuwagen, von einem alten Traktor (Baujahr 1958) gezogenen (zwei aneinander gebundenen Erntewagen) basierenden Bühne.

Literatur

  • Hans E. Braun: Welttheater Einsiedeln, Einsiedeln SZ. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 3, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 2078–2080.
  • Thomas Hürlimann: Das Einsiedler Welttheater 2007, nach Pedro Calderón de la Barca, Ammann, Zürich 2007, ISBN 978-3-250-10512-1.
  • Detta Kälin: Dem Meister ein Spiel. Calderón, die Einsiedler und ihr Welttheater, Museum Fram, Einsiedeln 2013, ISBN 978-3-9523687-2-5 (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Museum Fram, Einsiedeln 2013).
  • Tim Krohn: Einsiedler Welttheater 2013: das Stück, Welttheatergesellschaft, Einsiedeln 2013, OCLC 900369519.
  • Eichendorff-Übertragung auf Projekt Gutenberg-DE
  • Text nach den Übersetzungen von Eichendorff, eingerichtet für die Aufführung in Einsiedeln
  • Welttheater Gesellschaft Einsiedeln
  • Homepage „bühnendautenheims“

Einzelnachweise

  1. Einsiedler Welttheater 2020 mit Lukas Bärfuss und Livio Andreina. (PDF) Pressemitteilung. In: welttheater.ch. Welttheatergesellschaft Einsiedeln, 14. Juni 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. Oktober 2017; abgerufen am 16. Oktober 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.welttheater.ch 
  2. https://www.luzernerzeitung.ch/zentralschweiz/schwyz/einsiedler-welttheater-erneut-verschoben-anstatt-2021-wird-es-erst-wieder-im-jubilaeumsjahr-2024-stattfinden-ld.1263287
  3. Johann Spurk: Pfarrchronik St. Josef Diefflen 1900–1975, Saarlouis 1975, S. 140.
  4. Neue Zeit vom 23. September 1952, S. 4

Siehe auch