Isidora Randjelović

Isidora Randjelović (* 1975) ist eine in Berlin wirkende Sozialpädagogin und Aktivistin, die sich vor allem für die Rechte von Sinti und Roma und Migrantinnen einsetzt.

Leben und Wirken

Randjelović ist Romni, und ihre Großeltern waren Überlebende des als Porajmos bezeichneten Völkermords an europäischen Roma während der NS-Diktatur.[1] Als Diplom-Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin wirkt Randjelović in verschiedenen Projekten und Initiativen, die sich mit der Stärkung von Minderheitengruppen und der Förderung von Inklusion in Deutschland beschäftigen. Dazu zählen der Verband Interkultureller Arbeit (VIA) Berlin/Brandenburg, IniRromnja, ein Netzwerk Berliner Sinti- und Romafrauen, das Rroma Informations-Centrum e.V. und der Zentralrat deutscher Sinti und Roma.[2]

Weiterhin ist Randjelović als Lehrbeauftragte an der Alice Salomon Hochschule Berlin tätig.[3]

Randjelović ist Mitbegründerin und Direktorin des RomArchive. Unter der Leitung des Archivs durch Randjelovic sowie den Vorstand, bestehend aus den Sozialwissenschaftlerinnen Jane Weiß und Tayo Awosusi-Onutur,[4] wurden 2020 großflächig Studien im deutschen Raum durchgeführt. Diese zielten darauf ab, eine Erhebung der Verbreitung von Rassismus gegen Sinti und Roma sowie die Ressourcen zur Bekämpfung desselbigen durch die Untersuchungskommission Antiziganismus des Bundes zu ermöglichen.[5] Die Mitglieder der Kommission, Weiß und Elizabeta Jonuz, sind gemeinsam mit Randjelovic Mitgründerinnen des feministischen Archivs und verfassen regelmäßig Fachpublikationen und Artikel zum Themenkomplex Intersektionalität, Bildung, Migration, Emanzipation und Kritik an sozialwissenschaftlicher Forschung im Bereich Roma und Sinti.

In einem Dossier vom Dezember 2014 über Perspektiven und Analysen der öffentlichen Erinnerung zum Thema Antiziganismus setzte sich Randjelović kritisch mit der akademischen Forschung zum Antiziganismus auseinander. Dabei hält sie es für unerlässlich, dass außer Analysen und Veröffentlichungen aus dem Wissenschaftsbetrieb mit seinen spezifischen Regeln und Voraussetzungen auch die Diskurse der verschiedenen Menschen Berücksichtigung finden, die Gewalt gegen Roma erleiden. Laut Randjelović werden diese nicht-akademischen Diskurse „in der wissenschaftlichen Wissensproduktion überwiegend ignoriert.“ Auch fehlten nach wie vor die Voraussetzungen, „dass die Überlebenden des Porajmos öffentlich über die Auslöschung, die Traumata und das Überleben reden konnten/können.“[6]

Für das migrationspolitische Portal der Heinrich-Böll-Stiftung gab Randjelović im April 2018 ein Interview über verbreitete Stereotype, die Diskriminierung von Sinti und Roma im Bildungssystem sowie das Verhältnis zwischen Sprache und Rassismus. Darin berichtete sie unter anderem über Bildungsmaterialien wie ein Video mit dem Titel Romani Chaji: how we want to be called, mit denen Jugendliche für rassistische Fremdbezeichnungen für Sinti und Roma sensibilisiert werden und angemessenere Bezeichnungen wie Sinti, Sintize, Romnja und Roma kennen lernen sollen.[7]

Aufgrund ihrer Mitwirkung an der Studie Rassismus gegen Sinti*zze und Rom*nja[8] zitierte Randjelović 2019 folgendes Beispiel für die Auswirkungen lebenslanger Traumata bei betroffenen Personen:[9]

„Eine Frau, die im Konzentrationslager geboren wurde, überlebt und pflegt später als junge Frau ihre kranken Eltern, die tief gezeichnet waren von den Erlebnissen in der Gefangenschaft der Nationalsozialisten. Ihre Wohnung wurde enteignet und sie bekamen auch keine Entschädigung. Sie lebten in Baracken, die ihnen nach dem Krieg von der Stadt zugewiesen wurden. Dort wurden sie regelmäßig von Sozialarbeitern und der Polizei kontrolliert. In den 80er Jahren wurden sie und ihre Familie im Urlaub auf einem Campingplatz von einer Bande mit Waffen beschossen.“

Am 8. April 2019 war Randjelović anlässlich des Internationalen Tags der Roma als Moderatorin an einer Produktion im Berliner Maxim Gorki Theater mit dem Titel „Gypsy reports and songs from Brexitland. Every Day is Roma Day!“ beteiligt.[10]

Im Oktober 2022 berichtete die Deutsche Welle, wie Randjelović eine App mit Hintergrundinformationen für das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas vorstellte.[1]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Wissen aus sicherer Quelle. Rassismus in der deutschsprachigen (vor-)wissenschaftlichen Wissensproduktion über Rom:nja und Sinti:zze zwischen dem 15.-18. Jahrhundert. In: Zeitschrift für erziehungswissenschaftliche Migrationsforschung (ZeM). Band 2, Nr. 1, 12. Juni 2023, S. 75–90, doi:10.3224/zem.v2i1.06 (budrich-journals.de). 
  • zusammen mit Olga Gerstenberger, José Fernández Ortega, Svetlana Kostić, Iman Attia: Unter Verdacht: Rassismuserfahrungen von Rom:nja und Sinti:zze in Deutschland (= Interkulturelle Studien). Springer VS, Wiesbaden / Heidelberg 2022, ISBN 978-3-658-37023-7 (academia.edu). 
  • „Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zze“. Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (Hrsg.) 2019
  • Projektevaluation des Modellprojekts: Kinder und Jugendtheater „So keres?“ zur Sensibilisierung gegen Antiziganismus an Schulen in Berlin-Neukölln, in: „So keres?“ (Hrsg.): Kinder und Jugendtheater, Berlin, 2016.
  • Ein Blick über die Ränder der Begriffsverhandlungen um „Antiziganismus“, in: Randjelović, Isidora/Schuch, Jane/Heinrich Böll Stiftung (Hrsg.): Dossier Perspektiven und Analysen von Sinti und Roma in Deutschland, Berlin, 2014
  • Zigeuner_in. In: Susan Arndt, Nadja Ofuatey-Alazard (Hrsg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissensarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Unrast Verlag, Münster, S. 671–677, 2011, ISBN 978-3-89771-501-1 (wordpress.com [PDF; 105 kB; ])
  • Auf vielen Hochzeiten spielen. Strategien und Orte widerständiger Geschichte(n) und Gegenwart(en) in Roma Communities, in: Nghi Ha, Kien/al-Samarai, Lauré/Mysorekar, Sheila (Hrsg.): Re/visionen. Postkoloniale Perspektiven von People of Color auf Rassismus, Kulturpolitik und Widerstand in Deutschland, Münster: Unrast Verlag, 2007, S. 165–180, ISBN 978-3-89771-458-8.

Einzelnachweise

  1. a b Nadine Mena Michollek: App gibt Sinti- und Roma-Community eine Stimme – DW – 23.10.2022. Deutsche Welle, 23. Oktober 2022, abgerufen am 8. August 2024. 
  2. Perspektiven und Analysen von Sinti und Rroma in Deutschland. Heinrich-Böll-Stiftung, 2014, abgerufen am 9. August 2024. 
  3. Isidora Randjelović. Maxim Gorki Theater, abgerufen am 8. August 2024. 
  4. Über Uns. Romaniphen, abgerufen am 2. Januar 2001. 
  5. Koordinierungsstelle "Unabhängige Kommission Antiziganismus". In: www.institut-fuer-menschenrechte.de. Deutsches Institut für Menschenrechte, 2021, abgerufen am 9. August 2024 (deutsch). 
  6. Isidora Randjelović: Ein Blick über die Ränder der Begriffsverhandlungen um „Antiziganismus“. S. 19–37, abgerufen am 8. August 2024. 
  7. Podcast: Isidora Randjelović über Romnja Power | heimatkunde | Migrationspolitisches Portal der Heinrich-Böll-Stiftung. Abgerufen am 8. August 2024. 
  8. „Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zze“. Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (Hrsg.) 2019, abgerufen am 9. August 2024.
  9. Gilda-Nancy Horvath: 800 Seiten über Antiziganismus. Deutsche Welle, 13. Juli 2021, abgerufen am 8. August 2024. 
  10. Gypsy Reports And Songs From Brexitland Every day is Roma day! Maxim Gorki Theater, 2019, abgerufen am 8. August 2024. 
Normdaten (Person): GND: 1265706816 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 19166108572285920932 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Randjelović, Isidora
KURZBESCHREIBUNG Sozialarbeiterin und Aktivistin
GEBURTSDATUM 1975