Zusammengesetzte Poisson-Verteilung

Die zusammengesetzte Poisson-Verteilung ist eine Verallgemeinerung der Poisson-Verteilung und spielt eine wichtige Rolle bei Poisson-Prozessen und der Theorie der unendlichen Teilbarkeit. Im Gegensatz zu vielen anderen Verteilungen ist bei der zusammengesetzten Poisson-Verteilung nicht a priori festgelegt, ob sie stetig oder diskret ist. Sie sollte nicht mit der gemischten Poisson-Verteilung verwechselt werden.

Definition

Ist N {\displaystyle N} eine Poisson-verteilte Zufallsvariable mit Erwartungswert λ {\displaystyle \lambda } und sind ( X i ) i N {\displaystyle (X_{i})_{i\in \mathbb {N} }} unabhängig und identisch verteilte Zufallsvariablen, so heißt die Zufallsvariable

Y := i = 1 N X i {\displaystyle Y:=\sum _{i=1}^{N}X_{i}}

zusammengesetzt Poisson-verteilt . Sind die X i {\displaystyle X_{i}} alle auf N 0 {\displaystyle \mathbb {N} _{0}} definiert, also diskret, so heißt Y {\displaystyle Y} diskret zusammengesetzt Poisson-verteilt. In beiden Fällen schreibt man Y C P o i μ {\displaystyle Y\sim CPoi_{\mu }} wobei μ {\displaystyle \mu } das Wahrscheinlichkeitsmaß von X i {\displaystyle X_{i}} ist. Wahrscheinlichkeitsdichten oder Wahrscheinlichkeitsfunktionen sowie Verteilungsfunktionen lassen sich nur in Spezialfällen geschlossen angeben, aber eventuell mit dem Panjer-Algorithmus approximieren.

Gelegentlich finden sich auch in der deutschen Literatur die Begriffe die englischen Begriffe Compound Poisson und discrete compound Poisson.

Eigenschaften

Erwartungswert

Für den Erwartungswert gilt nach der Formel von Wald:

E ( Y ) = λ E ( X 1 ) {\displaystyle \operatorname {E} (Y)=\lambda \operatorname {E} (X_{1})} .

Varianz

Nach der Blackwell-Girshick-Gleichung gilt

Var ( Y ) = λ ( E ( X 1 ) ) 2 + λ Var ( X 1 ) = λ E ( X 1 2 ) , {\displaystyle \operatorname {Var} (Y)=\lambda \,(\operatorname {E} (X_{1}))^{2}+\lambda \operatorname {Var} (X_{1})=\lambda \operatorname {E} (X_{1}^{2}),}

wenn die zweiten Momente von X i {\displaystyle X_{i}} existieren. Dabei folgt die zweite Gleichheit aus dem Verschiebungssatz.

Schiefe

Mittels der Kumulanten ergibt sich für die Schiefe

v ( Y ) = λ E ( X 1 3 ) ( λ E ( X 1 2 ) ) 3 2 {\displaystyle \operatorname {v} (Y)={\frac {\lambda \operatorname {E} (X_{1}^{3})}{\left(\lambda \operatorname {E} (X_{1}^{2})\right)^{\frac {3}{2}}}}} .

Wölbung

Für den Exzess ergibt sich mittels der Kumulanten

γ = E ( X 1 4 ) λ E ( X 1 2 ) 2 {\displaystyle \gamma ={\frac {\operatorname {E} (X_{1}^{4})}{\lambda \operatorname {E} (X_{1}^{2})^{2}}}} .

Kumulanten

Die kumulantenerzeugende Funktion ist

g X ( t ) = λ ( M X 1 ( t ) 1 ) {\displaystyle g_{X}(t)=\lambda (M_{X_{1}}(t)-1)}

wobei M X 1 ( t ) {\displaystyle M_{X_{1}}(t)} die Momenterzeugende Funktion von X 1 {\displaystyle X_{1}} ist. Damit gilt für alle Kumulanten

κ k = λ E ( X 1 k ) {\displaystyle \kappa _{k}=\lambda \operatorname {E} (X_{1}^{k})} .

Momenterzeugende Funktion

Die momenterzeugende Funktion ergibt sich als Verkettung von der wahrscheinlichkeitserzeugenden Funktion der Poisson-Verteilung und der momenterzeugenden Funktion der X i {\displaystyle X_{i}} :

M Y ( t ) = exp ( λ ( M X 1 ( t ) 1 ) ) {\displaystyle M_{Y}(t)=\exp(\lambda (M_{X_{1}}(t)-1))} .

Charakteristische Funktion

Die charakteristische Funktion ergibt sich als Verkettung von der wahrscheinlichkeitserzeugenden Funktion der Poisson-Verteilung und der charakteristischen Funktion der X i {\displaystyle X_{i}} :

φ Y ( t ) = exp ( λ ( φ X 1 ( t ) 1 ) ) {\displaystyle \varphi _{Y}(t)=\exp(\lambda (\varphi _{X_{1}}(t)-1))}

Wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion

Sind die X i {\displaystyle X_{i}} diskret, so ist die wahrscheinlichkeitserzeugende Funktion definiert, und ergibt sich als Verkettung der wahrscheinlichkeitserzeugenden Funktion von N {\displaystyle N} und von X i {\displaystyle X_{i}} zu

m Y ( t ) = exp ( λ ( m X 1 ( t ) 1 ) ) {\displaystyle m_{Y}(t)=\exp(\lambda (m_{X_{1}}(t)-1))} .

Unendliche Teilbarkeit

Eine zusammengesetzt Poisson-verteilte Zufallsvariable ist unendlich teilbar. Es lässt sich zeigen, dass eine Zufallsvariable auf N 0 {\displaystyle \mathbb {N} _{0}} genau dann unendlich teilbar ist, wenn die Zufallsvariable diskret zusammengesetzt Poisson-verteilt ist.

Beziehung zu anderen Verteilungen

Beziehung zur Poisson-Verteilung

Ist X i = 1 {\displaystyle X_{i}=1} fast sicher, so fallen Poisson-Verteilung und zusammengesetzte Poisson-Verteilung zusammen.

Beziehung zur geometrischen Verteilung und zur negativen Binomialverteilung

Da sowohl die geometrische Verteilung als auch die negative Binomialverteilung unendlich teilbar sind, handelt es sich um zusammengesetzte Poisson-Verteilungen. Sie entstehen bei Kombination mit der logarithmischen Verteilung. Die Parameter der negativen Binomialverteilung errechnen sich als p log = 1 p neg {\displaystyle p_{\text{log}}=1-p_{\text{neg}}} und r = λ ln ( 1 p log ) {\displaystyle r={\frac {-\lambda }{\ln(1-p_{\text{log}})}}} .

  • A.V. Prokhorov: Poisson distribution. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopedia of Mathematics. Springer-Verlag und EMS Press, Berlin 2002, ISBN 1-55608-010-7 (englisch, encyclopediaofmath.org). 

Literatur

  • Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6, doi:10.1007/978-3-642-36018-3. 
Diskrete univariate Verteilungen

Diskrete univariate Verteilungen für endliche Mengen:
Benford | Bernoulli | beta-binomial | binomial | Dirac | diskret uniform | empirisch | hypergeometrisch | kategorial | negativ hypergeometrisch | Rademacher | verallgemeinert binomial | Zipf | Zipf-Mandelbrot | Zweipunkt

Diskrete univariate Verteilungen für unendliche Mengen:
Boltzmann | Conway-Maxwell-Poisson | discrete-Phase-Type | erweitert negativ binomial | Gauss-Kuzmin | gemischt Poisson | geometrisch | logarithmisch | negativ binomial | parabolisch-fraktal | Poisson | Skellam | verallgemeinert Poisson | Yule-Simon | Zeta

Kontinuierliche univariate Verteilungen

Kontinuierliche univariate Verteilungen mit kompaktem Intervall:
Beta | Cantor | Kumaraswamy | raised Cosine | Dreieck | Trapez | U-quadratisch | stetig uniform | Wigner-Halbkreis

Kontinuierliche univariate Verteilungen mit halboffenem Intervall:
Beta prime | Bose-Einstein | Burr | Chi | Chi-Quadrat | Coxian | Erlang | Exponential | Extremwert | F | Fermi-Dirac | Folded normal | Fréchet | Gamma | Gamma-Gamma | verallgemeinert invers Gauß | halblogistisch | halbnormal | Hartman-Watson | Hotellings T-Quadrat | hyper-exponentiale | hypoexponential | invers Chi-Quadrat | scale-invers Chi-Quadrat | Invers Normal | Invers Gamma | Kolmogorow-Verteilung | Lévy | log-normal | log-logistisch | Maxwell-Boltzmann | Maxwell-Speed | Nakagami | nichtzentriert Chi-Quadrat | Pareto | Phase-Type | Rayleigh | relativistisch Breit-Wigner | Rice | Rosin-Rammler | shifted Gompertz | truncated normal | Type-2-Gumbel | Weibull | Wilks’ Lambda

Kontinuierliche univariate Verteilungen mit unbeschränktem Intervall:
Cauchy | Extremwert | exponential Power | Fishers z | Fisher-Tippett (Gumbel) | generalized hyperbolic | Hyperbolic-secant | Landau | Laplace | alpha-stabil | logistisch | normal (Gauß) | normal-invers Gauß’sch | Skew-normal | Studentsche t | Type-1-Gumbel | Variance-Gamma | Voigt

Multivariate Verteilungen

Diskrete multivariate Verteilungen:
Dirichlet compound multinomial | Ewens | gemischt Multinomial | multinomial | multivariat hypergeometrisch | multivariat Poisson | negativmultinomial | Pólya/Eggenberger | polyhypergeometrisch

Kontinuierliche multivariate Verteilungen:
Dirichlet | GEM | generalized Dirichlet | multivariat normal | multivariat Student | normalskaliert invers Gamma | Normal-Gamma | Poisson-Dirichlet

Multivariate Matrixverteilungen:
Gleichverteilung auf der Stiefel-Mannigfaltigkeit | Invers Wishart | Matrix Beta | Matrix Gamma | Matrix invers Beta | Matrix invers Gamma | Matrix Normal | Matrix Student-t | Matrix-Von-Mises-Fisher-Verteilung | Normal-invers-Wishart | Normal-Wishart | Wishart