Großer Preis von Belgien 1930
Der II. Große Preis von Belgien fand am 20. Juli 1930 auf dem Circuit de Spa-Francorchamps statt. Es war in diesem Jahr das einzige Grande Épreuve, das nach der Internationalen Rennformel (Maximaler Verbrauch 14 kg Kraftstoff und Öl pro 100 km, Benzinzusammensetzung mindestens 70 % handelsübliches Benzin, maximal 30 % Benzol, Motorengröße mindestens 1100 cm³ Hubraum, Minimalgewicht der zweisitzigen Wagen 900 kg, Mindestbreite des Chassis 100 cm, Renndistanz mindestens 600 km) durchgeführt wurde, und war ursprünglich als Wertungslauf zur damaligen Automobilweltmeisterschaft vorgesehen. Das Rennen hatte auch den AIACR-Ehrentitel Großer Preis von Europa., es wurde über 40 Runden à 14,914 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 596,560 km entsprach.
Sieger wurde Louis Chiron auf einem Bugatti Type 35C.
Rennen
1930 scheiterte auch der letzte Versuch des Internationalen Automobilverbands, eine Markenweltmeisterschaft für Automobile nach einer speziell dafür vorgegebenen Internationalen Grand-Prix-Rennformel durchzuführen. Der Große Preis von Belgien, der gleichzeitig auch anlässlich des 100-jährigen Bestehens Belgiens als Großer Preis von Europa zum Saisonhöhepunkt ernannt worden war, wurde mit seinem unbefriedigenden Verlauf geradezu beispielhaft für die Krise des offiziellen Grand-Prix-Sports, während im Gegensatz dazu die zahlreichen, nicht in das Regelwerk der AIACR eingezwängten Formula-Libre-Rennen spannender und erfolgreicher denn je verliefen.
Unter den Bedingungen der Verbrauchsformel, die die Treibstoffmenge auf 14 kg pro gefahrene 100 km begrenzte, war die Aussicht auf packende Rennszenen auf der Strecke von vorneherein gering. Auch hatten die Veranstalter trotz der notgedrungenen Zulassung von Privatfahrern Mühe, überhaupt ein halbwegs vernünftiges Teilnehmerfeld zusammenzubekommen, bei dem schließlich schon das äußere Erscheinungsbild der Wagen völlig anders war, als man es von anderen großen Rennen her gewohnt war.
Nur Bugatti mit seinen drei Werksfahrern Louis Chiron, Albert Divo und Guy Bouriat – und dazu mit Max Thirion und Émile Cornet zwei einheimische Privatfahrer – traten mit "echten" Grand-Prix-Rennwagen Bugatti Type 35 35C mit kompressorgeladenem 2-Liter-Reihenachtzylinder von ca. 120 PS Leistung an, die aufgrund der obligatorischen Einheitstanks, die an Stelle der eleganten Bootshecks hinter dem Cockpit eingebaut werden mussten, ein wenig an die Rennwagen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg erinnerten. Der Rest des Felds setzte sich aus einem Sammelsurium von Touren- und Sportwagen zusammen, die unter Wegfall von Scheinwerfern und Kotflügeln auf Renntrimm gebracht wurden.
Als Hauptkonkurrent für Bugatti stellten sich schnell nicht die drei zahmen Sportwagen der belgischen Imperia-Werke mit ihren kompressorlosen 1,8-Liter-Motoren heraus, sondern der von dem Franzosen Henri Stoffel eingesetzte, etwas hochbeinig wirkende Peugeot 174S mit ebenfalls seitengesteuertem 4-Liter-Motor, der schon 1925 speziell für eine solche Art von "Ausdauerrennen" konstruiert worden war.
Das Rennen begann zunächst wie erwartet und die drei Werks-Bugattis konnten zunächst lange Zeit unangefochten in gleichmäßiger Fahrt das Tempo bestimmen, mussten dabei aber auch stets den Treibstoffverbrauch im Auge behalten. Stoffel gelang es dabei, den Anschluss nie ganz abreißen zu lassen und sich hinter dem Trio mit etwa einer bis zwei Minuten Abstand zu halten.
Nach zwei Dritteln der Distanz mussten jedoch zunächst der bis dahin führende Chiron (Zündkerzenwechsel) und kurze Zeit später auch Divo (Reifenschaden) an die Box, wodurch sie beide hinter Stoffel zurückfielen. Damit war nun nicht nur die Absicht der Bugatti-Mannschaft durchkreuzt, die aus Publicity-Gründen Chiron als ihren "Champion" eigentlich zum Sieger des Rennens vorbestimmt hatte, von der sich unvermutend eröffneten Perspektive motiviert, begann Stoffel nun sogar, Druck auf den führenden Bouriat auszuüben, so dass der Bugatti-Sieg insgesamt sogar gefährdet schien. Als Stoffel schließlich bis auf fünf Sekunden herangekommen war, ging ihm jedoch noch in der letzten Runde etwa 10 km vor dem Ziel das Benzin aus. Damit war Bugattis Wunschergebnis nun plötzlich doch wieder möglich und prompt stoppte Bouriat noch unmittelbar vor der Linie, um auf seinen Mannschaftsführer zu warten. Unter den Augen des empörten Publikums dauerte es ganze zweieinhalb beschämende Minuten, bis Chiron schließlich den Zielstrich doch noch als erster überquerte.
Ergebnisse
Meldeliste
Team | Nr. | Fahrer | Info | Chassis | Motor | Reifen |
---|---|---|---|---|---|---|
Belgien SA des Automobiles Impéria Exelsior | 01 | Italien 1861 Goffredo Zehender | Impéria Sport | Impéria 1.8L I6 | E | |
02 | Dritte Französische Republik Jacques Édouard Ledure | |||||
03 | Dritte Französische Republik Michel Doré | |||||
Dritte Französische Republik La Société des Automobile Ariès | 04 | Dritte Französische Republik Arthur Duray | Ariès 3L | Ariès 3.0L I4 | ||
Dritte Französische Republik Charles Montier et Cie | 05 | Dritte Französische Republik Charles Montier | Montier Spéciale | Ford 3.3L I4 | ||
06 | Dritte Französische Republik Ferdinand Montier | |||||
Dritte Französische Republik Automobiles Ettore Bugatti | 07 | Dritte Französische Republik Albert Divo | Bugatti T35C | Bugatti 2.0L I8 Kompressor | M | |
08 | Dritte Französische Republik Guy Bouriat | |||||
09 | Monaco Louis Chiron | |||||
Belgien Baron Abel Blin d’Ormont | 10 | Belgien Abel Blin d’Ormont | DNA | Bugatti T44 | Bugatti 3.0L I8 | |
Belgien Ernest André | 11 | Belgien Ernest André | DNA | Bugatti T35C | Bugatti 2.0L I8 Kompressor | E |
Belgien Joseph Reinartz | 12 | Belgien Joseph Reinartz | Bugatti T43 | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | E | |
Belgien Georges Bouriano | 14 | Belgien Georges Bouriano | DNAa | Bugatti T35B | Bugatti 2.3L I8 Kompressor | |
Belgien Max Thirion | 15 | Belgien Max Thirion | DNA | Bugatti T35C | Bugatti 2.0L I8 Kompressor | |
16 | Belgien Max Thirion | |||||
Dritte Französische Republik Émile Burie | 17 | Dritte Französische Republik Émile Burie | Georges Irat A6 | Georges Irat 3.0L I6 | ||
Belgien Franz Gouvion | 18 | Belgien Franz Gouvion | Lombard AL3 | Lombard 1.1L I4 Kompressor | ||
Dritte Französische Republik Henri Stoffel | 19 | Dritte Französische Republik Henri Stoffel | Peugeot 174S | Peugeot 4.0L I4 | ||
Belgien Émile Cornet | 20 | Belgien Émile Cornet | Bugatti T35C | Bugatti 2.0L I8 Kompressor | ||
Belgien Fernand Delzaert | 21 | Belgien Fernand Delzaert | DNA | Bugatti T37A | Bugatti 1.5L I4 Kompressor | |
Dritte Französische Republik Robert Laly | Dritte Französische Republik Robert Laly | DNA | Ariès 3L | Ariès 3.0L I4 |
Startaufstellung
Sie Startpositionen wurden ausgelost.
Belgien Thirion | Dritte Französische Republik Doré | Monaco Chiron |
Italien 1861 Zehender | Dritte Französische Republik F. Montier | Belgien Reinartz |
Dritte Französische Republik Divo | Dritte Französische Republik Duray | Dritte Französische Republik Ledure |
Dritte Französische Republik Burie | Dritte Französische Republik Bouriat | Belgien Gouvion |
Belgien Cornet | Dritte Französische Republik Stoffel | Dritte Französische Republik C. Montier |
Rennergebnis
Pos. | Fahrer | Konstrukteur | Runden | Stopps | Zeit | Start | Schnellste Runde | Ausfallgrund |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
01 | Monaco Louis Chiron | Dritte Französische Republik Bugatti | 40 | 1 | 5:08:34,000 | 1 | ||
02 | Dritte Französische Republik Guy Bouriat | Dritte Französische Republik Bugatti | 40 | + 1:00,000 | 11 | 7:07,900 | ||
03 | Dritte Französische Republik Albert Divo | Dritte Französische Republik Bugatti | 40 | 1 | + 5:20,000 | 9 | ||
04 | Dritte Französische Republik Arthur Duray | Dritte Französische Republik Ariès | 40 | + 13:52,000 | 8 | |||
05 | Italien 1861 Goffredo Zehender | Belgien Imperia | 40 | + 16:45,000 | 6 | |||
06 | Dritte Französische Republik Charles Montier | Dritte Französische Republik Montier | 40 | + 21:56,000 | 13 | |||
07 | Dritte Französische Republik Jacques Édouard Ledure | Belgien Imperia | 40 | + 33:13,000 | 7 | |||
— | Dritte Französische Republik Henri Stoffel | Dritte Französische Republik Peugeot | 39 | DNF | 14 | kein Treibstoff mehr | ||
— | Belgien Joseph Reinartz | Dritte Französische Republik Bugatti | 39 | DNF | 4 | kein Treibstoff mehr | ||
— | Dritte Französische Republik Ferdinand Montier | Dritte Französische Republik Montier | 39 | DNF | 5 | kein Treibstoff mehr | ||
— | Belgien Franz Gouvion | Dritte Französische Republik Lombard | 39 | DNF | 10 | kein Treibstoff mehr | ||
— | Dritte Französische Republik Michel Doré | Belgien Imperia | 28 | DNF | 2 | Ausfall | ||
— | Belgien Max Thirion | Dritte Französische Republik Bugatti | 27 | DNF | 3 | Ausfall | ||
— | Belgien Émile Cornet | Dritte Französische Republik Bugatti | 12 | DNF | 15 | Ausfall | ||
— | Dritte Französische Republik Émile Burie | Dritte Französische Republik Georges Irat | 7 | DNF | 12 | Ausfall |
Weblinks
- II Grand Prix de Belgique. www.teamdan.com, abgerufen am 3. August 2014 (englisch).
- Leif Snellman, Felix Muelas: VI GRAND PRIX D'EUROPE. www.kolumbus.fi, 20. Juli 2014, abgerufen am 2. August 2014 (englisch).